Samstag, 9. Oktober 2004

Oktober

Oktober 2004. Wir haben schon Oktober. Die Zeit vergeht. Oktober schmeckt nach acht und zehn, nach Herbst, nach leichter Melancholie. Oktober heisst Neuanfang, ein neues Semester, für mich das achte Mal (zweimal davon sogar in einer neuen Stadt). Und Oktober heisst Oktober des letzten Jahres, die Zeit, an die ich mich jetzt am leichtesten erinnere. Ende September war Italien, die Hoffnung auf Paul. Paul verreist im Oktober, ich in Berlin. Warten. Mutloses Hoffen. Jedes Klingeln des Telefons, jedes Klingeln an der Tür versetzt das Herz in Schwingungen: Es könnte er sein. Er würde anrufen um mir zu sagen, dass er mich vermisst, dass er zurückkommt, dass er schon da ist, dass er unten auf der Straße steht, dass er mich sehen will... dass er mich liebt. Er würde an der Tür klingeln und in meine Arme fallen, mich in seine schließen, er würde bleiben und nicht mehr gehen. Doch nie war er es am Telefon, nie war er an der Tür. Ich fühlte mich so einsam wie selten zuvor. Stand morgens viel zu früh auf, weil mich die innere Anspannung und Panik nicht mehr schlafen ließ. Trainierte eine Zeitlang mit den Kiwidos - das war das einzige, das mir in dieser Zeit Freude bereitete. Tagsüber vertat ich mir die Zeit. Bestellte Bücher für meine Magisterarbeit, die ich nie brauchte. Übte Drag, trat an einem Abend in Drag auf, wurde bejubelt und weinte mich dennoch abends in mein Kissen, weil ich einen Bekannten von ihm getroffen hatte. Überhaupt abends. Ich weinte viel, vermisste viel, fühlte viel die Einsamkeit. Und bei ausgeschaltetem Licht dachte ich an seinen Körper, wünschte ihn neben mir. Wünschte ihn über mir, dachte an das Glitzern in seinen Augen und das Glitzern auf der sich straffenden Plastikhülle des Kondoms. Wie hart er war, wie angenehm ihn in mir zu spüren. Oder das fast letzte Mal Sex, das war wohl noch August oder früher September, auf seinem Küchentisch, als er fragte: Margarine oder Olivenöl? und es aber nicht klappte, weil der Tisch unter mir so knarzte und drohte zusammenzubrechen. Später aßen wir Pizza und guckten Addams Family, und ich fühlte mich fast glücklich. . Im Oktober 2003 abends im Bett dachte ich oft daran, versuchte das Gefühl der Zufriedenheit und von ihm auf mir, ihm in mir wieder hervorzuholen, mich daran zu erinnern, und holte mir dabei einen runter. Der Schlaf kam dann, wenn mein Herz wieder voll mit Angst war.
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